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Turmblasen und anschließendes Teilgeläut der evangelischen Stadtkirche Bad Hersfeld mit den Glocken 1-3 & 5-7 zum Gottesdienst am Ostersonntag.
Disposition:
1 cis', 2.700 kg, 1.640 mm, 1371 anonym - Osterglocke
2 dis', 1.700 kg, 1.380 mm, 1666 A. Ulrich, Hersfeld - Sonntags- oder 6-Uhr-Glocke
3 fis', 900 kg, 1.160 mm, 1606 Jacob König, Erfurt - Sturm- oder Feuerglocke
4 a', 600 kg, 970 mm, 1382 anonym - Lambertusglocke
5 a', 570 kg, 960 mm, 1429 anonym - Bonifatiusglocke
6 cis", 390 kg, 720 mm, 15. Jhd. anonym - Stiftsglocke
7 fis", 250 kg, 700 mm, ~1280 anonym - Klaus- oder Bedeglocke
8 eis", 210 kg, 670 mm, 13. Jhd. anonym - Anzeige- oder Klimperglocke
Motiv: Gloria erweitert
Die Glocken 4 und 8 läuten nur an Festtagen (wenn man dran denkt...). Vor einigen Jahren wurden die Glocken von gekröpften Stahljochen an gerade Holzjoche, teils jedoch mit Verlangsamung, umgehängt. Seit 1997 gibt es ein kleines Glockenspiel.
- Glocke 1 wurde nach ihrem Guss zunächst im noch unfertigen Turmstumpf aufgehängt. Sie ist Maria geweiht und verkündet Beerdigungen.
- Glocke 2 wurde von Ambrosius Ulrich, dem Stammvater einer Hersfelder Glockengießerfamilie und Ahne der Apoldaer Glockendynastie, gegossen. Sie ist der Hl. Dreifaltigkeit geweiht und soll die Gemeinde morgens und abends zum Gebet rufen.
- Glocke 3 ist eine Stiftung des Otto von Hessen (Sohn des Moritz von Hessen-Kassel). Sie trägt ein schmuckvolles Palmettenfries und das Hersfelder Wappen. Gemeinsam mit Glocke 5 obliegt ihr das Mittagsläuten.
- Glocke 4 ist dem Hl. Lambert, Schutzpatron der Tuchmacher, geweiht. Im Andenken an den mittelalterlichen Brauch läutet sie von Michaelis bis Ostern um 21 Uhr zur Erinnerung, den Abendschoppen zu beenden (daher Bierglocke) sowie zum Vaterunser.
- Glocke 5 ziert das Hersfelder Doppelkreuz. Sie wurde ebenso wie...
- Glocke 6 ...aus dem Katharinenturm der Stiftsruine übernommen (daher Stiftsglocke).
- Glocke 7 hing vermutlich im Dachreiter über dem Chor und war möglicherweise als Gebets- oder Stundenglocke für die Chorherren gedacht.
- Glocke 8 kommt vermutlich aus der ca. 1280 erbauten Klauskirche vor dem Klaustor und forderte in der Stadtkirche dann die Grund- und Hausbesitzer zum Zahlen der Bede auf.
Das Turmblasen, bei dem jeden Sonntag ein Choral in alle vier Himmelsrichtungen entsendet wird, lässt sich bis ins Jahr 1587 zurückverfolgen und war ursprünglich Dienst des Türmers. Im 18. Jhd. übernahm es die Militärkapelle der Offiziersschule, später eine Stadtkapelle. Seit 1901 ist es -- mit wenigen Ausnahmen wie 1945 -- ungebrochene Tradition des Posaunenchors des CVJM. Hut ab vor den älteren Herrschaften, die an diesem frostigen Osterfest den Turm bestiegen hatten!
Die ältesten Siedlungsreste in Bad Hersfeld datieren in die La-Tène-Zeit um 400 v. Chr. (unter dem Westwerk der Stiftskirche und am Kirchtor). Laut den Überlieferungen von Abt Eigil errichtete der bayerische Mönch Sturmius 736-743 n. Chr. nahe der Wüstung im „Feld des Haerulf" (= Haerulfisfeld) am Frauenberg eine Kirche. Sturmius hatte vorher unter Abt Wigbert in Fritzlar gewirkt und zog 744 im Auftrag von Bonifatius weiter und gründete das Kloster Fulda. Die Einsiedelei in Hersfeld -- nahe der Sachsengrenze und Konkurrenz zu Fulda -- wurde unter Bischof Lullus von Mainz 769-775 zum Benediktinerkloster ausgebaut und erhielt eine größere Kirche, in die 780 Wigberts Gebeine überführt wurden (später auch Grabkirche Lullus'). Erhebung zur Reichsabtei durch Karl den Großen. 831 Bau einer Klosterkirche durch Abt Bun, Fertigstellung unter Abt Brunwart als karolingische Basilika im Jahr 850, Weihe durch den Mainzer Erzbischof Rabanus Maurus 851, 852 Umbettung wurden Lullus' und Wigberts (Kern Lullusfest).
Um 1060 entstand eine Marktbasilika an Stelle der heutigen Stadtkirche. Hersfeld, am Schnittpunkt mehrerer Altstraßen -- u.a. der Via Regia und den Kurzen Hessen -- gelegen, florierte und wurde 1142 erstmals urkundlich als Marktort und 1170 als Stadt erwähnt, unter Gegenkönig Wilhelm von Holland 1249-1252 Anerkennung als Reichsstadt. 1323 Weihe des Chors der Stadtkirche. Die Stadt ließ einen freistehenden Kirchturm neben und um 1350 das Schiff über der alten Basilika errichten, die erst danach abgetragen wurde. Weitere Teile um 1440 nach Stadtbrand. Aufstockung des Turms um 1500 (Balkeninschrift in der Türmerwohnung 1584). 1521 predigte Luther auf Einladung des Abts in der Stiftskirche (!). Landgrafen, Dekan und Bevölkerung wurden evangelisch, das Kapitel gemischt. Der vorletzte Abt wurde schon nicht mehr vom Papst anerkannt, es gab nur noch evangelische Mönche. Aufgabe unter Abt Roell mit kurzer Rekatholisierung im 30jährigen Krieg unter Tilly. Im 7jährigen Krieg Niederbrennen der als Kornspeicher genutzten Stiftskirche 1761 sowie ein Jahr zuvor Blitzschlag in den gotischen Turmhelm der Stadtkirche, seitdem barockes Notdach und Stifts-Ruine.
Für die Erlaubnis zur Aufnahme danke ich dem Pfarrer ganz herzlich!