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Vortragsreihe „Wechselwirkungen. Dialoge zwischen Kunst und (Kultur-)Wissenschaften“.
Stephanie Marchal, Ruhr-Universität Bochum // Faktisch gegeben - objektiv ungewiss: Courbets Werk als Bezugspunkt narrativierter Realitäten
Der Vortrag wird der Frage nachgehen, warum und wie die Malerei Gustave Courbets in den 1960/70er Jahren v.a. für die Entwicklung sozialgeschichtlicher Methoden bemüht worden ist. Ein Grund, so die These, kann in den spezifischen Werkstrukturen identifiziert werden - ohne dass diese aber letztlich, dies die Crux, um ihrer selbst willen hinlänglich ernst genommen wurden. Ihnen wurde ein Kunstbegriff oktroyiert, der sie an ihrer gesellschaftlichen Kritikfähigkeit maß und Sozialkritik als im Bild angelegt zu ermitteln versuchte. Der Vortrag argumentiert gegen einen solchen Kurzschluss von Kunst und Leben und streicht stattdessen hervor, dass Kunst als Repräsentationssystem einen eigenen Praxiszusammenhang darstellt, der intern normativ strukturiert ist. Die Normativität der Malerei ist in ihrem Vollzug lokalisiert und wird durch diesen Vollzug fortwährend transformiert. Mit Rahel Jaeggi und im Anschluss an Karl Marx ließe sich von diesem Transformationsprozess als „immanenter Kritik“ sprechen, die gerade nicht, wie Marx sagt, „mit einem vorgefertigten Ideal der Wirklichkeit“ entgegentrete; sie entnimmt es ihr aber auch nicht einfach, sondern entwickelt dieses Ideal aus dem widersprüchlichen „Bewegungsmuster der Wirklichkeit“ selbst. Wie Bildanalysen, die Kunstwerke in dieser Hinsicht als kritisch gegenüber sich selbst begreifen, bislang unterbeleuchtete (kritische) Potentiale von Courbets Gemälden zutage befördern, möchte der Vortrag entlang einiger Werkbeispiele zeigen.
Regine Prange, Goethe-Universität Frankfurt // Zweiheit des Bildes - Einheit des Sinns. Zur Kontroverse um Courbets Allégorie réelle
Courbet präsentierte sich in seinem monumentalen Ateliergemälde als Autor zweier konkurrierender Bilder - als Landschaftsmaler und als Maler „der Gesellschaft“. Gestaltet der Maler an der Staffelei eine unberührte Natur als utopischen Ausblick, zeigt das Bildganze, dessen Teil er ist, Vertreter und Vertreterinnen des gegebenen sozialen Raums der kapitalistischen Welt und ihres Kunstbetriebs. Diese aporetische Bild-im-Bild-Konstellation verweist auf Courbets Vorsatz einer „Negation des Ideals“, den die Karikatur Quillenbois‘ erkennt und der Lächerlichkeit preisgibt. Das seit 1968 exemplarisch an Courbet entwickelte methodologische Reformmodell einer Sozialgeschichte der Kunst bleibt, anknüpfend an die zeitgenössische apologetische Kommentarliteratur, jedoch ebenfalls einem idealistischen Denken verpflichtet, das die selbstreflexive Zweiheit des Bildes auflöst und das Atelier zum Ort der Versöhnung bestimmt.