Zum Osterfest stelle ich das Stahlgeläut der evangelischen Kirche St. Ursula zu Friedersdorf (bei Görlitz), einem Ortsteil der Gemeinde Markersdorf, vor.
Videoablauf:
0:00 - Bilderstrecke mit Außenaufnahme
3:47 - Glocke 3
5:26 - Glocke 2
7:27 - Glocke 1
9:15 - Vollgeläut
13:55 - historische Fotos
14:35 - Vollgeläut
Friedersdorf, etwa 8 km westlich von Görlitz gelegen, wurde 1286 erstmals urkundlich erwähnt, wobei der Ort bestimmt schon länger besteht. Das langgezogene Waldhufendorf ist malerisch im Tal zwischen Friedersdorfer und Schwarzem Berg gelegen. Ebenfalls auf Mitte des 13. Jh. geht die Kirche im Ort zurück, die auch den Beinamen „Bauernkirche“ trägt. Während über viele Jahre die Grundherrschaft über das Dorf viele regionale Adlige ausübten, ging diese ab 1495 auf den Görlitzer Rat über, der gleichzeitig auch der Patronatsherr der Kirche war. Nachdem es um 1650 zu einer umfangreichen Erneuerung der Ausstattung und teilweise Erweiterung der Kirche kam, brannte das Gotteshaus 1661 nach einem Blitzschlag komplett nieder. Im Zuge der Wiederaufbauarbeiten, die bereits 1663 grundlegend abgeschlossen waren, erhielt die Kirche erstmals einen steinernen Westturm (zuvor nur Dachreiter) und ein neues Gewölbe. 1668 konnte dann auch durch den Zittauer Meister Bahns ein neuer Altar und eine neue Kanzel geschaffen werden. 1787 wurde der Taufengel gestiftet. Besonders zu erwähnen sind die 1701 durch einen unbekannten Meister (wahrscheinlich jemand aus dem Ort) geschaffenen 37 Emporenbilder (1:50). Insgesamt beeindruckt der Innenraum der Friedersdorfer Kirche durch sein strahlendes Weiß und Stuckdekor in Verbindung mit den prächtigen barocken Ausstattungsstücken.
Genannt werden sollten auch die Pastoren Knauthe, Otto und Knothe, die allesamt die Dorf- und Kirchengeschichte in Chroniken niederschrieben und somit vieles für uns als Nachwelt festgehalten haben.
2011/12 konnte die Außensanierung und 2016 die Innensanierung der Kirche abgeschlossen werden, die seitdem wieder in strahlendem Weiß innen und außen erscheint. Dies und viele weitere Sanierungen sowie Dokumentationsarbeit wurde/wird durch einen sehr engagierten Kirchbauverein, bestehend aus etwa 40 Personen, begleitet, der sich liebevoll um die Kirche kümmert.
Zu den Glocken:
Beim Brande 1661 gingen auch die vorhandenen alten Glocken verloren. Bereits 1662 wurde durch Andreas Herold aus Dresden drei neue Glocken (23, 13 und 5 Zentner schwer) gegossen. Die große wurde 1665 und 1676 umgegossen. Letzteren Umguss führte der Görlitzer Gießer Abraham Sievert aus.
Im ersten Weltkrieg wurden auch Friedersdorfer Glocken für die Rüstungsindustrie eingezogen. Anhand des historischen Fotos (zusehen bei 13:56) kann man schlussfolgern, dass die beiden Herold-Glocken abgegeben wurden; die große Sievert-Glocke erhalten werden konnte. Leider wurde auch diese im Zuge der Wiederbeschaffung eines neuen Geläuts in Zahlung gegeben und vernichtet. 1921 erhielt die Kirche ein neues Gussstahlgeläut des Bochumer Vereins (14:16), welches noch heute im Glockenstuhl von 1662 seinen Dienst tut. 1989 wurde das Geläut elektrifiziert. Die große Glocke ruft die Friedersdorfer dreimal täglich zum Gebet.
Erwähnenswert ist auch das historische mechanische Uhrwerk unter der Glockenstube (3:00), welches einmal die Woche aufgezogen werden muss. Zur halben Stunde wird auf die kleine Glocke ein Schlag gegeben; die vollen Stunden verkündet die große Glocke.
Die Glocken:
Motiv: dis’-fis’-a’ (verminderter Dreiklang)
Glocke 1/ Stahlguss / dis’ / 1921 / Bochumer Verein für Gußstahlfabrikationen, Bochum / 1 200 kg / 1430 mm
Glocke 2 / Stahlguss / fis’ / 1921 / Bochumer Verein für Gußstahlfabrikationen, Bochum / 850 kg / 1260 mm
Glocke 3 / Stahlguss / a’ / 1921 / Bochumer Verein für Gußstahlfabrikationen, Bochum / 460 kg / 1016 mm
Zur Aufnahme:
• Die Außenbilder wurden am 24.02.2024 erstellt.
• Die Außenaufnahme des Geläuts geschah am 17.12.2023 um 10:25 Uhr zum Gottesdienst.
• Die historischen Fotos (13:56 und 14:16) stellte mir dankenswerterweise Herr Schubert zur Verfügung.
• Alle anderen Aufnahmen entstanden am 16.02.2024 gesondert.
Ein großes Dankeschön geht an Familie Schubert für die Ermöglichung und große Unterstützung meines Vorhabens!
Quellen:
• Kirchenflyer
• Buch „Die Emporenbilder der Friedersdorfer St.-Ursula-Kirche“ von Ulrich Schubert
• „Die Glocken der Oberlausitz“ von Edmund Brückner im Niederlausitzer Magazin 1906, S.63f. (Urheber der Datei: H. Kairies)