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In diesem Video geht es um die zwei im Themenfeld der Ökologie relevanten Begriffe ökologische und physiologische Potenz. Die Ökologie, das wisst ihr, erforscht die Wechselbeziehung zwischen Organismen sowohl mit ihrer abiotischen - unbelebten - Umwelt als auch mit anderen Organismen. Klammern wir die biotischen - belebten - Wechselbeziehungen mit anderen Lebewesen erstmal bewusst aus.
Nur, weil eine Art physiologisch in der Lage ist, unter einem breiten Spektrum von Bedingungen zu existieren, muss das nicht zwangsläufig heißen, dass ihr tatsächliches Verbreitungsgebiet sämtliche dieser Bedingungen auch abdeckt. Die eben angesprochene Schwarzerle besiedelt nasse bis sehr nasse Böden, auch wenn sie theoretisch in der Lage ist, weitaus trockenere Böden zu besiedeln - die Konkurrenz mit anderen Baumarten wie z.B. die Waldkiefer, die Rotbuche oder die Stieleiche schränkt die Schwarzerle hinsichtlich dieser Ressource bzw. abiotischen Faktors in ihrer Verbreitung ein. Das ist der wesentliche Unterschied zwischen den Begriffen ökologische und physiologische Potenz: Die physiologische Potenz beschreibt die Reaktionsbreite eines abiotischen Umweltfaktors, die an einem Standort (theoretisch) herrschen darf, damit eine Art langfristig existieren- d.h. also überleben und sich fortpflanzen kann. Hier bleiben sämtliche Konkurrenzbedingungen unberücksichtigt.
Die ökologische Potenz bezieht den Faktor Konkurrenz mit ein: Sie beschreibt die Reaktionsbreite eines Umweltfaktors unter Einbezug von Konkurrenzbedingungen und zeigt damit an das tatsächliche Verbreitungsgebiet hinsichtlich des jeweiligen Umweltfaktors. Der Unterschied zwischen der physiologischen und der ökologischen Potenz wird anhand der Baumarten Mitteleuropas gut deutlich: Neben der Schwarzerle kann auch die Waldkiefer eine sehr unterschiedliche Bodenfeuchtigkeit tolerieren - sie kann fast überall wachsen, tut dies aber nicht, weil sie fast überall da, wo andere Baumarten wachsen können, verdrängt wird - Sie betreibt also als konkurrenzschwächere Art Konkurrenzvermeidung, indem sie ausweicht in einen nicht optimalen Bereich. Die Rotbuche hingegen ist eine sehr konkurrenzstarke Art - ihr tatsächliches Verbreitungsgebiet - also ihre ökologische Potenz - entspricht ihrer physiologischen Potenz. Es gilt: Ist eine Art besonders konkurrenzstark, wird sie sich gut gegen andere Arten durchsetzen und ihre ökologische Potenz entspricht ihrer physiologischen Potenz oder ist dieser ähnlich; ist eine Art hingegen konkurrenzschwach, wird sie von anderen Arten an den Rand ihrer eigenen Reaktionsbreite gedrängt und physiologische und ökologische Potenz können stark voneinander abweichen.
Zwei weitere Fachbegriffe in diesem Zusammenhang sind stenök und euryök: Stenök bedeutet, dass eine Art nur einen engen Toleranzbereich gegenüber eines der mehrerer Umweltfaktoren ertragen kann; als euryök kann eine Art dann charakterisiert werden, wenn sie einen breiten Toleranzbereich gegenüber eines oder mehrerer Umweltfaktoren aufweist.