"Wo Jaspers hinkommt und spricht, wird es hell." (Hannah Arendt)
@andreasraab52949 ай бұрын
Es ist mit dem Treffen von Bestimmungen anders als bei Schießübungen im Schießstand. Denn, wenn jemand mehrmals auf spektakuläre Weise traf, so erwirbt sich dieser Schütze zwar einen Nimbus als Meister des Treffens, was aber keineswegs heißt, dass die Majorität seiner Bestimmungen spektakuläre Treffer wären. Das ist mit Hannah Arendt nicht anders. Hier transformiert sie ein Statement Goethes, welcher einmal meinte, dass ihm sei, als ob er ein ,,helles Zimmer'' betrete, wenn er ,,eine Seite Kant'' lese. Nun ist es mit der philosophischen Begabung Goethes nicht viel besser bestellt als mit seiner mathematischen; was sich in dieser seiner Reaktion auf Kant durchaus andeutet. Arendts Befindung ist eine über die Publikumswirkung des präsenten Jaspers und damit keine über Jaspers als solchem und für sich genommen. Ich kann mir gut vorstellen, dass Jaspers auf die Lichthungrigen unter seinen Zeitgenossen so wirkte, dass Arendts Wirkungsbeschreibung vollumfänglich zutrifft. Vor vierzig Jahren, inspirierte mich Jaspers ein wenig. Ja, er ging mir im Kopf herum. So jung war ich einmal! Vor Jahren begriff ich, dass Jaspers bei weitem nicht in Heideggers Liga spielt, den ich für eine Witzfigur halte. Immerhin. Heidegger ist wohl genial. Er ist selbstbewusst genug, auch ungeniert zu blundern. Tja, bin ich nicht arm dran? Halte alle für Witzfiguren. Allerdings für Witzfiguren höchst verschiedenen Niveaus. Nietzsche irrt auf höchst bemerkenswerte Weise. Er erlebte vor wenigen Jahren ein Revival meines Interesses. Erst vor kurzem bin ich mit ihm durch. Wo Heidegger blunderte, dass die ganze Bude kracht, langt es bei Jaspers dazu nicht. Über Jaspers habe ich noch nie gelacht. Er ist nicht witzig genug. Wohingegen Heidegger eine Witzfigur von doch bemerkenswertem Kaliber ist. Leichte Artillerie. Ich finde ihn faszinierend. Das wird sich bei Jaspers in nächster Zeit nicht einstellen. Die bemerkenswerteste Neubewertung ist mir mit Descartes verbunden. Jahrelang kringelte ich mich immer wieder über sein Cogito und seine res extensa vs. res cogitans. Der Gag wirkt noch jetzt. Erst vor ein, zwei Jahren trat eine Bewertungswende ein. Mir wurde klar, von wo aus Descartes aufbricht. Heute ehre ich ihn. Na, wer weiß, was ich vielleicht noch dem Jaspers abgewinnen kann. Allemal werde ich mir diesen Vortrag mal anhören. Copyright by Andreas Raab 2023