Das wohl klangschönste Geläut Göttingens hängt im Turm von St.Jacobi.
Die Ursprünge von St.Jacobi liegen in der 2.Hälfte des 12.Jahrhunderts. Damals handelte es sich bei dem Bau um eine der Stadtburg Bolruz zugehörige Kapelle, die um 1350 zu klein wurde. Ab 1361 begann man mit dem repräsentativen Neubau von St.Jacobi. Den Anfang machten das Langhaus sowie der Chor. Nach 1387 folgten die Sakristei und das Westwerk. Mit dem Bau des Turmes, dessen Entwurf auf Hans Rutenstein zurückgeht, begann man vermutlich kurz nach 1426, da man in diesem Jahr den Bauvertrag schloss. 1433 waren die Bauarbeiten abgeschlossen. Seinen charakteristischen Helm erhielt der Turm erst 1697, nachdem er im Jahre 1642 nach einem Blitzschlag komplett abgebrannt war. Eine umfassende Renovierung des Gotteshauses fand zwischen 1891 und 1898 unter Leitung von Conrad Wilhelm Hase statt. Sämtliche Wasserspeier aus dem Mittelalter wurden durch neue ersetzt sowie die 1647 während des Turmbrandes stark beschädigte Portalvorhalle neu erbaut. Eine entsprechende Innenrenovierung der Kirche inklusive Neugotisierung erfolgte von 1900 bis 1901. Von der mittelalterlichen Ausstattung ist bis heute der spätgotische Flügelaltar aus dem Jahre 1402 erhalten geblieben. Der Taufstein ist barock und die neugotische Kanzel kam erst 1900 in die Kirche. 1966 baute Paul Ott aus Göttingen eine dreimanualige Orgel für St.Jacobi, die 2006 und 2007 durch Gunnar Schmid aus Kaufbeuren um ein viertes Manual erweitert wurde und seitdem insgesamt 67 Register aufweist.
Das erste Geläut von St.Jacobi dürfte im Jahre 1556 während eines Brandes zerstört worden sein. Der Glockengießer Hans Pelking schuf 1564 zwei neue Glocken, von denen eine bereits 1679 durch Nicolaus Greve umgegossen wurde. Ob sie in Folge des Turmbrandes 1642 Schäden davontrug, ist leider nicht bekannt. Zu einem unbekannten Zeitpunkt, vermutlich im 17.Jahrhundert, gelangte eine im Jahre 1423 von Henrick Hestirbom gegossene Glocke in den Turm von St.Jacobi und diente fortan als Uhrglocke. Ihre Herkunft ist nicht gesichert, jedoch wird vermutet, dass sie aus der Kirche St.Petri im benachbarten Grone stammt. Später gelangte auch eine kleine Betglocke, gegossen 1636 von David Fobben für St.Johannis in Seulingen, in den Turm von St.Jacobi. So bestand das Geläut bis zum ersten Weltkrieg aus drei Läuteglocken sowie einer Uhrglocke. 1917 wurde die Glocke von 1564 zum Einschmelzen abgeliefert. Damit St.Jacobi nun ein würdiges Geläut erhalten sollte, ließ man 1925 ein vierstimmiges Eisenhartgussgeläut von der Firma Schilling & Lattermann in Morgenröthe-Rautenkranz im Vogtland gießen. Die Glocke des Nicolaus Greve von 1679 wurde hierfür verkauft. Ihr Verbleib ist unbekannt. Im 2.Weltkrieg mussten die beiden verbliebenen Bronzeglocken von 1423 und 1636 abgeliefert werden, kehrten jedoch 1947 vom Hamburger Glockenfriedhof zurück. In den darauffolgenden Jahren zeigten sich starke Rostschäden an den Eisenhartgussglocken. Diese wurden dann 1968 durch vier neue Bronzeglocken der Glocken- & Kunstgießerei Gebr. Rincker aus Sinn ersetzt. Die mittelalterliche Uhrglocke wurde wieder als Läuteglocke in das Geläut integriert und zusätzlich ein von Hand bespielbares Glockenspiel zwei Etagen oberhalb der Glockenstube installiert. Dieses wurde in den vergangenen Jahren noch um zwei weitere Glocken erweitert. Mit der Disposition des Geläutes orientierte man sich an jenen der anderen Innenstadtkirchen. Der Halbton als Abschluss bildet ein elegisches, aber dennoch feierliches und überzeugendes Fundament. Die Gemeinde darf also zurecht behaupten, das wohl klanglich schönste Geläut Göttingens zu besitzen!
Dankglocke, Schlagton d'-2, Gewicht ca. 1.395 kg, Durchmesser 1342 mm, gegossen im Jahre 1968 von der Glocken- und Kunstgießerei Rincker in Sinn.
Christusglocke, Schlagton es'-2, Gewicht ca. 1.080 kg, Durchmesser 1243 mm, gegossen im Jahre 1968 von der Glocken- und Kunstgießerei Rincker in Sinn.
Glaubensglocke, Schlagton f'+1, Gewicht ca. 820 kg, Durchmesser 1125 mm, gegossen im Jahre 1968 von der Glocken- und Kunstgießerei Rincker in Sinn.
Peter- und Paulsglocke, Schlagton g'-1, Gewicht ca. 700 kg, Durchmesser 1042 mm, gegossen im Jahre 1423 von Henrick Hestirbom.
Wahrheitsglocke, Schlagton b'+1, Gewicht ca. 345 kg, Durchmesser 835 mm, gegossen im Jahre 1968 von der Glocken- und Kunstgießerei Rincker in Sinn.
Herzlichen Dank an Herrn Dr. Puschmann für die Ermöglichung dieser Aufnahme sowie an Nico für die Organisation.
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