Waltraud M. Stalbohm | ausencias

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Kunstverein Speyer

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Ай бұрын

Waltraud Stalbohm malt und denkt gern groß. 26 Bilder, Plastiken und Objekte zeigt die Künstlerin unter dem Titel „ausencias“ - „Abwesenheiten“ in den Räumen des Speyerer Kunstvereins.
Die Künstlerin hat sich intensiv mit den Opfern und der unfassbaren Unmenschlichkeit des Nationalsozialismus und anderer Unrechtssysteme auseinandergesetzt. Das hinterlässt Spuren in ihrem vielgestaltigen Werk. Nicht immer sind diese Spuren auf den ersten Blick erkennbar, aber bei näherer Beschäftigung mit ihren Werken stößt der Betrachter immer wieder auf „Verschwundene Seelen“, denen die Künstlerin in ihren Arbeiten ein Gesicht gibt, Menschen, die mundtot gemacht, gequält, verfolgt und ermordet wurden.
So konfrontieren uns die Werke von Waltraud Stalbohm mit dem unendlichen Leid der Vergangenheit, aber auch mit dem menschlichen Leid der großen Konflikte unserer Gegenwart. Die Arbeiten sind parteiisch, sie beziehen Stellung zu den Konflikten und Problemen dieser Welt. Auslöser sind oft Bilder, Fotos, Gehörtes, Gelesenes, Gesehenes.
Es sind Eindrücke", sagt die Künstlerin, "die in mir etwas auslösen, mich in Unruhe versetzen. In meiner Arbeit versuche ich herauszufinden, was diese Unruhe in mir ausgelöst hat. Künstlerisch beschäftigen mich vor allem Verletzungen seelischer Art, die sich körperlich manifestieren, körperliche Verletzungen und Demütigungen, die auf die Seele, die Würde, den inneren Halt des Menschen zielen“, so die Künstlerin.
Zur Zeit der Besetzung der Krim sah Waltraud Stalbohm in den Fernsehnachrichten z.B.„Oleg“, einen jungen Ukrainer. Er sei aus politischen Gründen zu einer langen Haftstrafe in Sibirien verurteilt worden. Aus Erschütterung über „so viel Unrecht“ habe sie die Skulptur geschaffen, um dem anonymen Leid ein Antlitz zu geben.
Die „Ausencia“ spürt man auch in leeren Räumen. Nur ein Stuhl, eine Pritsche zeigen noch Spuren derer, die nicht mehr da sind, die gefoltert und verschleppt wurden.
Der Blick des kleinen Mädchens geht nach innen in eine verwundete Kinderseele, die Augen des Kindes zeigen eine tiefe Trauer über die Abwesenheit, die einer großen Verletzung geschuldet ist.
Mit dem bleichen, überlebensgroßen Gesicht des „Desaparecidos“ zeigt Waltraud Stalbohm eine monumentale Gesichtslandschaft voller Leid und Qual. Die Augen sind geschlossen, der Kontext nicht erkennbar und doch wird das menschliche Drama für den Betrachter spürbar. Würde ist ein wichtiges Thema der Künstlerin. Sie vermeidet es, ihre Werke näher zu interpretieren, sie will, dass der Betrachter sich der Wirkung aussetzt und überlässt ihm die individuelle Interpretation des Werkes.
Eine leblose Figur wird von feinen Fäden durch den Raum getragen. „Sulamith“ ist ihr Name, der der „Todesfuge“ des Dichters Paul Celan entnommen ist und deren bekannteste Zeile lautet: Der Tod ist ein Meister aus Deutschland.
„Kunst ist Drama“, davon ist Stalbohm überzeugt. Ein eindrucksvolles Beispiel hängt im Kabinett des Kunstvereins. Auf 24 kleinen Quadraten blicken schemenhaft große Kinderaugen. Der „Klang der Stille“ wird bleischwer beim Anblick der Fotografien von Kindern des Lagers Auschwitz, die Waltraud Stalbohm mit Kalkfarbe überarbeitet hat. Wer dazu Pablo Casals „Song Of The Birds“ aus den bereitgestellten Kopfhörern aufnimmt, verstummt vor Scham und Entsetzen über das Unaussprechliche, das Menschen Menschen angetan haben. Licht am Ende des Tunnels fällt in das Objekt, in das die Künstlerin Saiten von Streichinstrumenten gehängt hat, eine Reminiszenz an die Orchester der Vernichtungslager, deren Musiker durch ihr Spiel dem Tod in den Gaskammern zu entrinnen versuchten.
„Es gelingt mir nicht, etwas Heiteres zu machen“, sagt die Künstlerin über sich selbst - und doch gibt es auch Arbeiten, die Stalbohms Leidenschaft für Tanz und Theater zeigen, zum Beispiel die Steingüsse tanzender Menschen: „Solche Szenen lassen sich eigentlich plastisch nicht darstellen“, sagt Waltraud Stalbohm und beweist mit ihren die Köpfen und Torsi das Gegenteil.
Die Arbeit an der Stirnwand in den Räumen des Kunstvereins entstand nach der ersten Sinfonie von César Frank. Stalbohm ist es in diesem großen Werk in Eitempera und Öl gelungen, Klänge sichtbar zu machen, die sich himmelsgleich über Krater und Täler erheben.
Die Ausstellung „Ausencias“ ist keine leichte Kost, aber wer sich darauf einlässt, erlebt eine künstlerische Auseinandersetzung, die das humanitäre Selbstverständnis reflektiert, und die Würde und seelische Unverletzlichkeit des Menschen in den Mittelpunkt stellt.
Texte von Ellen Bruder, Jens Rönnau und Ingaburgh Klatt

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