Durchfechter - Folge 33: Van Bo Le-Mentzel

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Der Architekt Van Bo Le-Mentzel hat sich durch ungewöhnliche, aber lebenspraktische Ideen einen Namen gemacht. Ideen, die Menschen ermächtigen, auf neue, eigenständige Weise zusammenzukommen und zu leben.
Wenn sich Bürgerinnen und Bürger in der Millionenstadt Berlin eigenständig organisieren, um nachbarschaftliche Initiativen oder Städteplanung per Bürgerinitiative zu betreiben, ist oft ein Architekt laotischer Herkunft ganz vorne mit dabei. Im persönlichen Umgang fällt auf, wie offen, verspielt, hochassoziativ im Denken, wie neugierig dieser „Geist“ - Van Bo Le-Mentzel - im Kern doch ist. Vor allem die Erfahrung, als Flüchtlingskind in Deutschland angekommen zu sein, und seine Jugenderfahrungen, die er, zwischen Mietskasernen und Straßenschluchten, im Berliner Arbeiterviertel Wedding verbrachte, haben ihn geprägt.
In einer Gesellschaft, die sich oft von Ängsten steuern lässt und selbst erzeugte Probleme durch angeblich indiskutable Alternativlosigkeit zu legitimieren versucht, füllt Le-Mentzel eine Art Abweichlerrolle aus. Seit Jahren befindet sich der ehemalige Radio-DJ und Hip-Hopper in einer Art „Dauerflowzustand“. Dabei hat er keine Scheu, sogar die Rolle des Hofnarren einzunehmen, wenn es hilft, morsch gewordene Paradigmen anzubohren: Ein Künstler, der nach dem Studium auf betont imperfekte Art Holzmöbel zusammenleimt und gerade dies für radikal und wegweisend hält? Ein gestandener Architekt, der sich in seinen Entwürfen für eine neue Städteplanung ausgerechnet auch am Werk von Joseph Beuys orientiert und misst? Hinter scheinbaren Provokationen stecken das Denken, Fühlen und Handeln einer erfrischend klugen Person, die sich nicht hinter eingefahrenen Narrativen und in Meinungssilos verbarrikadieren muss, um Wirkung zu erzielen. Für seine Initiativen wurde er mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem ZEIT WISSEN-Preis Mut zur Nachhaltigkeit und dem Bayreuther Vorbildpreis. Was Le-Mentzel entwickelt, sind „trojanische Pferde mit ernstem Gehalt“, lobte zum Beispiel das Goethe-Institut.
Etwa die Tiny Houses auf Rädern: Diese meist aus Holz gebauten Minihäuser könnten Millionen von Pendlerinnen und Pendlern und vielen Initiativen der Zivilgesellschaft, denen es oft an günstigem Mietsraum fehlt, neue Freiheitsräume ermöglichen. Kürzlich gründete Le-Mentzel auf dem Gelände des Bauhaus-Archivs in Berlin mit Gleichgesinnten einen zeitlich befristeten Campus aus Minihäusern, der als utopisches Dorf in der Stadt neue Wohnkonzepte zur Diskussion stellt. Der von ihm mit gegründete Thinktank Tiny Foundation entwickelt Konzepte für neue Stadtquartiere, für grüne, tatsächlich nachhaltige Stadtvisionen. Und mit „Circular City“ hat Le-Mentzel ein Manifest für die Stadt von morgen entworfen: Wie können Quartiere mit einer gesunden sozialen Mischung entwickelt werden? Wie kann man so bauen, dass am Ende eine Monatsmiete herauskommt, die sich auch Studierende oder Alleinerziehende leisten können? Wie schafft man mehr gemeinsame Begegnungsräume, in denen verschiedene Schichten und Friktionen der Gesellschaft zusammenfinden, damit der Austausch unterschiedlicher Standpunkte und Erkenntnisse wieder in Gang gesetzt werden kann? Wie sieht überhaupt eine Welt aus, in der wir Wohnen und Arbeiten nicht mehr trennen würden? Und wie kann man mit öffentlichen Ressourcen viel sinnvoller, sozial verträglicher umgehen?
Fragen, die ihn umtreiben, dabei betont Le-Mentzel immer wieder, dass es nicht immer der visionären, bruchhaften Neuerfindung bedarf, um die Gesellschaft neu aufzubauen: „Oftmals“, so betont er, „reicht schon das Grundgesetz aus.“ Denn es bleibe weiterhin der „nahezu perfekte Bauplan für eine demokratische Gesellschaft“.
Selbst die - auch geistig - beengende Zeit der Lockdowns ficht ihn nicht an. Mit seiner Partnerin und zwei Kindern lebt er fröhlich auf 54 Quadratmetern. Wie man das macht? „Mehr Fantasie“, gibt er lakonisch zur Antwort. Quasi „nebenbei“ arbeitet er zurzeit als Vertretungslehrer für Kunst an einem Gymnasium und tüftelt online mit den Schülerinnen und Schülern neue digitale Lehr- und Lernformate aus. Und er dreht Dokumentarfilme, wie kürzlich mit jüdischen und muslimischen Freundinnen und Freunden einen Kinofilm über die Schönheit des Korans.
Stellt sich die Frage, was den Menschen in Zeiten der Drangsal mehr Hoffnung machen könnte? Antwort: „Wir müssen immer wieder versuchen, die Dinge aus einer anderen Perspektive zu sehen.“ Von einer „Kultur der Angst“ hält er nichts, stattdessen sagt er: „Wenn du Menschen in einen von Druck befreiten Zustand bringst, dann passiert plötzlich etwas ganz Wunderbares. Die Leute fangen einfach an, Dinge zu tun, wovon sie vorher nicht wussten, dass sie sie können.“ Aber genau das erfordere sehr viel Mut, betonte Van Bo Le-Mentzel schon vor Jahren in einem Videointerview des Stifterverbandes ( • Van Bo Le-Mentzel: Bri... ). Man wird noch von ihm hören.
Erstveröffentlichung: 26. April 2021
Autor: Ernst Timur Diehn

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