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Schon fünf Jahre bevor er mit seinem beeindruckenden Wagner-Programm an der Sofia Oper und Ballett begann, stattete Regisseur Plamen Kartaloff der Nationaloper & Ballett der Republik Nordmazedonien einen nachhaltigen Besuch ab und inszenierte die mazedonische Kult-Oper „Lydia aus Mazedonien“ von Risto Avramoski. Nun erlebte sie nach der Premiere 2005 eine Wiederaufnahme nach immerhin 18 Jahren, wobei Trajko Jordanovski mit der Regie-Assistentin Ljupka Jakimovska die Wiederaufnahme betreute. Das Libretto wurde von den Franzosen Guy Shele und Dora Petrova verfasst und die Transkription von Liljana und Jordan Plevnesh.
Lydia, die Mazedonierin (das ist ihr genauer Name in der Bibel), war die erste Frau, der erste Mensch überhaupt, den der Apostel Paulus, der die Hauptrolle im Stück spielt, auf dieser zweitausendjährigen Odyssee christianisierte. So wird das Haus Lydias zur ersten europäischen Kirche und auch der ganzen Welt. Ein Engelschor kommt in diese Haus-Kirche, um die Geschichte der „Liebeszivilisation“ von Christi Geburt bis zu seiner Kreuzigung und Himmelfahrt zur Erlösung der gesamten Menschheit zu erzählen. Regisseur Kartaloff, der ja zudem mit Bulgarien aus einem Land mit orthodoxen religiösen Traditionen stammt - ein weiteres kulturell verbindendes Element dieser Produktion für das gegenseitige Verständnis beider Völker - hat diese christlichen Elemente mit starken Bildwelten in oft farbenprächtige Szenen gesetzt. Diese werden insbesondere von der Kostümbildnerin Elena Doncheva mit vielen folkloristisch gestalteten bunten Gewändern aus der biblischen Zeit unterstützt. Schon vor Beginn der Musik lässt Kartaloff Jesus Christus mit dem Kreuz unter den Peitschenhieben der römischen Soldaten, die mit ihren federnbesetzten Uniformen und steifen Aufmärschen immer wieder das kreisrunde Bühnenpodest (Szene Panche Minov) beherrschen, nach Golgatha ziehen. Das stets stimmungsvoll eingesetzte Licht-Design stammt von Milcho Alexandrov.
Nade Talevska Spasovska als Lydia und Igor Durlovski als Apostel Paulus ragen mit weitem Abstand aus dem Sängerensemble heraus. Spasovska spielt die Titelrolle mit enormer Emphase und darstellerischer Intensität bei stets guter und aussagekräftiger Mimik und mit viel Emotion. Dabei kommt ihr heller Sopran zu guter Wirkung und erlaubt ihr, alle fordernden Spitzentöne der Partie kunstvoll zu singen. Durlovski leiht dem Apostel Paulus einen ruhigen und facettenreichen Bass, der mit dem entsprechenden Spiel des Sängerdarstellers stets die Souveränität des Jüngers von Jesus Christus auf seiner Mission durch Mazedonien reflektiert. Ebenfalls eine einnehmende Rolleninterpretation.
Ivan Eminović dirigiert das Orchester der Nationaloper & Ballett der Republik Nordmazedonien mit viel Gefühl für die vielschichtigen Ebenen der farbenreichen Partitur. Sie kennt sowohl ruhige und kontemplative Momente, in denen das christliche Element stark hervortritt, aber auch Momente großer Dynamik bis hin zur Explosivität geht. Trotz einiger stimmlicher Mängel war dies ein äußerst interessanter Opernabend mit einem Werk, das man nicht oft erleben kann.