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Walter de Marias "Red Large Sphere" ist eine Kugel aus Granit, installiert in einem Gebäude zwischen Pinakothek der Moderne und Museum Brandhorst, in Sichtweite der Alten Pinakothek. Das Gebäude war ursprünglich der Toreingang zur historischen "Türkenkaserne" in der Münchner Türkenstrasse. Walter de Maria (*1935) schuf die Skulptur im Jahr 2002, seit 2010 ist sie durch eine Stiftung der Sammlung Brandhorst im "Türkentor" zu sehen. Gewicht: 25.000 kg; Durchmesser: 260 cm
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Das Video ist -- für Kenner vielleicht ersichtlich an der Datums-Einblendung -- eine Verbeugung vor meinem frühen Mentor, (Prof.) Adolf Winkelmann, dessen Kurzfilm "Adolf Winkelmann, Kassel 9. 12. 67, 11.54 Uhr" mich Ende der 1960er Jahre mächtig inspirierte und dessen Arbeit im unvergeßlichen "Begegnungsheim Waldbröl" mich in den Jahren 1966-67 auf die Spur zum Filmemachen brachte.
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"Ich war wohl nur eine Stunde an dem Ort. Eine Stunde - mit der Kamera und dem Mann allein, der das Objekt und dessen bergende Hülle beaufsichtigen sollte. Das Gebäude liegt mitten in München, neben den großen und bedeutenden Museen der Stadt. Man muß nicht eigens eine Eintrittskarte lösen, um es betreten zu dürfen, aber es gibt keine Erlaubnis, hier mit größerem Aufwand Filmaufnahmen zu machen. Man muß sich als einfacher Besucher bei dem Aufseher zu erkennen geben und seine Kamera zeigen, dann wird gegen die Aufnahmen kein Einwand erhoben. Der Gebrauch von Stativ, Beleuchtung etc. wird nicht gestattet.
So war ich dem gewaltigen kugelrunden Objekt ausgesetzt, das den Betrachter durch seine schiere Masse, seinen tiefen Glanz und beinahe kosmischen Dimensionen beeindruckt. Der Aufseher hielt sich dezent im Hintergrund, um die Aufnahmen nicht zu stören, war aber hin und wieder interessiert, mich im Blick zu behalten - wie es sich eben für einen professionellen Aufseher gehört. Er darf nicht zum Komplizen des (filmenden) Besuchers werden, er soll dessen Interesse aber auch nicht im Wege sein.
Die rote Kugel aus Granit macht etwas sichtbar von dem Raum, der sie umhüllt, und sie läßt etwas erkennen von dem, was in ihr ruht. Ein glitzerndes, dichtes Kraftfeld, das Millionen Jahre Erdgeschichte in sich birgt. Immer sehe ich abwechselnd die Oberfläche und die Architektur, den spiegelnden Granit mit seinem Glanz und der Reflexion des umfassenden, prinzipiell endlosen Raumes, wozu ich selbst gehöre, wenn ich mich in der Spiegelung erkenne, mit der Kamera in der Hand, und anderen Menschen, die sich in der Umgebung befinden, etwa dem Aufseher, der sich zur Abwechslung einmal von mir abwendet und aus dem Fenster schaut, oder Menschen, die wie ich die Große Rote Kugel betrachten oder auch nur zufällig vorbeikommen." (Winfrid Parkinson)
Der dreidimensionale Raum um die Kugel wird in der Reflexion (auf der Oberfläche) zur gekrümmten Fläche, prinzipiell auch zur Abbildung der ganzen Welt, die aber von keinem Punkt der Umgebung aus "ganz" wahrgenommen werden kann. Es kann immer nur, so darf man Walter de Maria verstehen, ein Bruchstück, eine Repräsentanz der (umgebenden) Realität erfaßt werden, so lange man auch das Ganze zu erfassen sucht. Obwohl die Oberfläche der Kugel endlich ist und genau berechnet werden kann (ein Äquivalent der Fläche könnte man z. B. als quadratisches oder rechteckiges Tuch vor der Kugel ausbreiten), kann diese Fläche den prinzipiell unendlichen Raum, den die Kugel auf der Oberfläche spiegelt, nie repräsentieren. Ja, die Kugel (und damit das Mittel, das diesen Blick ermöglicht) steht dem, was sie prinzipiell erlaubt, nämlich das gespiegelte "andere" zu schauen, selbst im Wege.
Ironisch formuliert: Das Mittel zur Erkenntnis steht der Erkenntnis selbst fortwährend im Wege. Hier wird auch ein Problem menschlichen Erkennens, wie sie die Heisenbergsche Unschärfe-Relation für die moderne Physik formuliert hat, auf sinnlichem Wege erfahrbar. Aus dem antiken Satz "Ich weiß, daß ich nichts weiß" wird das moderne sinnliche Erlebnis "Ich weiß, daß ich immer nur einen Teil sehen kann".
Ein anderes gedankliches und gestalterisches Spannungsmoment bilden einerseits die scheinbar zeitlose, dauerhafte und unveränderliche Natur des Granits, der die umgebenden Gegenstände und Vorgänge spiegelt, und andererseits deren Kurzlebigkeit und Vorläufigkeit, die sie in sich aufhebt.
This video shows artwork of Walter de Maria (born 1935) the way it has been installed in 2011 inside a historical Building near the "Pinakothek der Moderne" and the "Brandhorst-Museum" Munich.